Schützenwissen

Anrather Kirmes

Stelle Dir vor: Du sitzt am Steuer Deines VW Käfer Cabrios und hältst eine konstante Geschwindigkeit. Auf Deiner rechten Seite befindet sich ein Abhang. Auf Deiner linken Seite galoppiert ein Pferd genauso schnell wie du. Hinter dir befindet sich ein roter Feuerwehrwagen mit Blaulicht, aber überholt nicht. Vor dir fliegt ein raumschiffähnliches Flugobjekt hoch und runter. Während ein Elefant nebenher flitzt…
Du denkst, du hast zu viel getrunken?

Wie für die Erwachsenen das Biertrinken mit dem Schützenfest einher geht, so gehört das Kinderkarussell für die Kinder zum Schützenfest dazu.

Mit Kindern oder Enkelkindern auf das Schützen- und Heimatfest? Aber natürlich! Zum Brauchtum dieses Festes gehört auch die Kirmes.

In den 1930er Jahren war die Kirmes noch auf dem Feuerwehr/Turnhallenplatz (Am Wasser). Die zahlreichen Fahrgeschäfte wurden gut besucht.

Doch fortwährend neue Sicherheitsbestimmungen für den heutigen Kirmesplatz – dem Martinsplatz – machten es der Schausteller-Familie Römgens im Laufe der Jahre immer schwieriger, die Kirmes mit großen Attraktionen zu bedienen. Doch noch heute können sich die kleinen Festbesucher auf das nostalgische Kinderkarussell freuen, Entchen angeln oder vorm Süßigkeitenwagen große Augen bekommen.
So wird es ein Fest für Groß und Klein!

Der heilige Sebastianus

Der Schutzheilige unserer Bruderschaft feiert am 20. Januar seinen Namenstag.

Von den neun Schutzpatronen, die sich die Schützen aller Couleur für ihr Wohlergehen auserkoren haben, ist wohl der heilige Sebastian als Schutzheiliger den Sportschützen übergeordnet. Seinen Namenstag feiert der Römische Kalender am 20. Januar. Seit dem 4. Jahrhundert nach Christus wurde Sebastian in vielerlei Darstellungen in der bebilderten Kunst wiedergegeben.

Tief eingeprägt in den Volksglauben, aber vor allem in das historische Gedankengut der Schützen hat sich die Legende des heiligen Sebastian, des Schutzpatrons der Schützen.

Ethischer Grundgedanke ist dabei, die Waffe nie auf Menschen zu richten! Sebastian starb unter dem Pfeilhagel römischer Soldaten.

Die Legende stellt sich so dar:
Kaiser Diokletian suchte einen neuen Kommandeur für seine Leibgarde. Dies war ein verführerisches und gefährliches Amt. Verführerisch, weil die Garde es in der Hand hatte, dem Reich den Herrscher zu erhalten, gefährlich, weil der misstrauische Imperator den Anführer besonders scharf überwachen ließ, dem sein göttliches Leben anvertraut war.

Diokletian entsann sich eines Mailänders, eines ausgezeichneten, tapferen und treuen Soldaten, eines schönen und kräftigen Mannes namens Sebastian. Er berief ihn nach Rom und kümmerte sich nicht darum, dass man ihm hinterbrachte, dieser Offizier sei ein heimlicher Christ.

Sebastian erfreute sich der Gunst beider Kaiser, sowohl Diokletians wie seines Mitregenten Maxi-
mian. Den Kameraden war er ein Rätsel: Er teilte mit ihnen nicht die Freuden der Tafel und ergötzte sich nicht am Würfelspiel, auch die Damen des Hofes machten ihm vergeblich schöne Augen.

Am Abend, wenn die anderen das Vergnügen suchten, ging Sebastian zu den Armenvierteln, dorthin wo sich die Christen sich um ihren Bischof versammelten; oder er ging in die Gefängnisse,
in denen die Glaubensbrüder auf ihren Prozess oder ihre Hinrichtung warteten.
Sebastian wurde nicht müde, den Opfern der Christenverfolgung Mut zuzusprechen. Oft brachte er ihnen, unter seinem Mantel verborgen, noch einmal den Leib des Herren, auf das er sie stärke für den letzten Gang.
Diokletian blieb dies alles nicht verborgen, aber er wusste, dass er keinen treueren Diener und besseren Soldaten finden könnte als den Christen Sebastian.

Eines Tages kam der Offizier zu einer Gerichtsversammlung. Angeklagt der Zauberei und Zugehörigkeit zu der verhassten Sekte der Christen waren zwei Brüder, beide
jung verheiratet und bereits Familienväter. Schon hatten die Klagen und Tränen der Gattinnen und der Eltern sie so weit gebracht, dass sie in ihren Herzen den Abfall vom Glauben erwogen.
Sebastian merkte, wie es um sie stand, und ermahnte sie mit bewegenden Worten am Glauben festzuhalten und die Pein des Martyriums um der ewigen Seligkeit willen auf sich zu nehmen. Er stärkte mit seiner Rede nicht nur die Angeklagten sondern bekehrte auch die Angehörigen.
Als der oberste Richter von Rom sich taufen ließ, nachdem ihn Sebastian im Namen des Herren von einem schweren Leiden geheilt hatte, merkte der Kaiser, dass selbst die höchsten Staatsbeamten, jene, die über Gesetze zu wachen hatten, dem Glauben abtrünnig wurden. Gleichzeitig erfuhr er, dass Sebastian es war, der viele bekehrt hatte, und der Kaiser befahl, ihn zu ergreifen und mit Pfeilschüssen zu töten. Die Legionäre trafen schlecht und verwundeten den Helden nur, der blutüberströmt an der Richtstelle liegen blieb. Irene, die Witwe eines Palastbeamten, rettete Sebastian. Sie brachte ihn in ihr Haus und pflegte ihn viele Wochen. In seinem Versteck erfuhr der Genesende, dass in der Stadt eine grausame Christenverfolgung wütete. Er beschloss zum Kaiser zu gehen und zu bitten, von den Morden abzulassen.

Diokletian erschrak bis ins Herz, als auf der Palasttreppe der Totgeglaubte plötzlich vor ihm stand. Deshalb herrschte er seine Begleiter an: „Ist dies nicht Sebastian, den wir töten ließen?“ Sebastian antwortete ihm: „Gott der Herr hat mich gerettet und auferweckt auf dass ich zu Dir gehe und dir verkünde, dass er dich schrecklich strafen werde wegen des Leides, dass du über seine Gemeinde bringst!“

Aber diese Worte rührten Diokletians Herz nicht. Wütend befahl er, ihn in dem kleinen Zirkus auf dem Palatin mit Knüppeln zu erschlagen und seinen Leichnam zu verscharren. In der Nacht jedoch kamen die Christen und bestatteten Sebastian neben den Ruhestätten der Apostel.

Verfasst von Thomas Schmitz

General

Die Bezeichnung „General‟ geht zurück auf das lateinische Generalis, auf deutsch „allgemein oder gemein“. Über das kirchenlateinische generalis abbas wurde der Begriff eine Postenbeschreibung. Generalis (in Deutsch „allgemeiner Abt“) bezeichnete anfangs das Oberhaupt einer katholischen Ordensgemeinschaft. Er war der besondere und zuständige Vorsteher von kleinen Gruppen mit spezialisiertem Aufgabenbereich. Durch Verkürzung wurde aus generalis abbas, das bereits im lateinischen oft verkürzt als generalis vorkam, das mittelhochdeutsche General.

Der General bei der Bruderschaft wird durch den Vorstand ernannt. Er ist in der Regel ein langjähriger und erfahrender Schütze.

Der General organisiert und leitet die Aufzüge der Bruderschaft in der Öffentlichkeit, kommandiert das Regiment und führt es sicher durch die Straßen des Ortes. Unterstützung bekommt er durch seine Adjutanten, den Platzmajor und den Regimentsspieß.

Der General nimmt mit beratender Stimme an den geschäftsführenden Vorstandssitzungen, wie auch bei den Sitzungen des erweiterten Vorstandes teil.

Verfasst von Klaus Calberg

Großer Zapfenstreich

Der Große Zapfenstreich ist im deutschen Volk seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (in Preußen 1813 eingeführt) bekannt und als ein besonderes und feierliches Zeremoniell geschätzt.

Im Zeremoniell haben sich zwei Überlieferungen bis heute erhalten: der Brauch des Zapfenstreichsignals und die Sitte, Gelegenheit zum Gebet über alle Konfessionen hinweg zu geben.

Dem Großen Zapfenstreich, bestehend aus historischen Zapfenstreichsignalen und dem Gebetsteil, wurde im Jahre 1922 die Nationalhymne als fester Bestandteil hinzugefügt.

Vor dem Großen Zapfenstreich wird oftmals die Serenade gespielt, einer freien Folge von Musikstücken.

Quelle: www.der-chronist.de

Jungschützenabteilung

Schülerprinzessin/prinz;

In einem alter von 6-14 Jahren hat man die Möglichkeit eine Schülerprinzessin oder ein Schülerprinz der gesamten Bruderschaft zu werden. Dieser wird spielerisch ermittelt, der oder diejenige mit den meisten Punkten hat dann den Kampf gewonnen. Zur Unterstützung darf der frisch erspielt Schülerprinz oder die Schülerprinzessin sich 2 Minister (Stellvertreter) aus der Jungschützenabteilung aussuchen. Diese werden dann mit einer Kette gekrönt, die dann immer bei verdienenden Anlässen sowie Schützenfeste getragen werden sollte. Da dieser nun die Bruderschaft repräsentiert. 

Jungschützenkönigin/könig;

Ab 14-25 Jahren hat man nun als Jungschütze die Möglichkeit Königin/König der eigenen Bruderschaft zu werden.

Hier wird per Vogelschuss das Amt des König’s ermittelt.

Bei dem der Vogel dann fällt hat gewonnen und darf sich ebenfalls 2 Minister (Stellvertreter) aussuchen.

Da die Jungschützenkönigin/könig mit auf dem großen Krönungsball der Bruderschaft gekrönt wird, erfolgt die Übergabe der Kette etwas später. Diese Kette ist ebenfalls bei Anlässen und Schützenfeste zutragen. Da dieser nun die Bruderschaft repräsentiert. 

Stadtjungschützenkönigin/könig;

Als amtierender Jungschützenkönig/in der eigenen Bruderschaft, hat er/sie nun die Chance bei Interesse an einem separaten Vogelschuss die würde des Stadtjungschützenkönig/in zu erwerben. Hat er/sie dies geschafft wird man mit einer weiteren Kette geehrt. Dies bedeutet dann ist man Jungschützenkönig/in der Stadt Willich.

Nationalhymne

De deutsche Nationalhymne besteht seit 1991 ausschließlich aus der dritten Strophe des Deutschlandliedes von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
(*2. April 1798 in Fallersleben, Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg; †19. Januar 1874 in Corvey).
Die Melodie stammt aus der früheren Kaiserhymne „Gott erhalte Franz, den Kaiser“ von Joseph Haydn (*1. April 1732 in Rohrau, Niederösterreich; †31. Mai 1809 in Wien).

Text der dritten Strophe:

Einigkeit und Recht und Freiheit
für das deutsche Vaterland!
Danach laßt uns alle streben
brüderlich mit Herz und Hand!
Einigkeit und Recht und Freiheit
sind des Glückes Unterpfand:
|: Blüh im Glanze dieses Glückes,
blühe, deutsches Vaterland!:|

Quelle: Wikipedia

Platz-Major

Zum Generalstab der St. Sebastianus Bruderschaft in Anrath gehört neben dem General als Regimentskommandeur auch die Funktion des Platzmajors. Der Begriff ist dabei historisch belegt und bezeichnete einst in der Preußischen Armee denjenigen Offizier in einer Garnison, bzw. Regiment, der dem Kommandeur für die Organisation und Durchführung des Garnisons- und Wachdienstes zugeteilt war. In der Regel stand er auch im Rang eines Stabsoffiziers, die Funktion konnte später aber auch von Stabshauptleuten besetzt werden.

In der Anrather St. Sebastianus Bruderschaft ist die Hauptaufgabe des Platzmajors die Durchführung der Parade vor dem Königshaus und den Ehrengästen im Rahmen des Festumzuges, sowie das Kommando beim Großen Zapfenstreich. Dazu zählt natürlich auch die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Zustand des Paradeplatzes.

Der Platzmajor gehört dem erweiterten Vorstand der Bruderschaft an. Ihm steht für die Ausübung seiner Aufgaben ein Adjutant zur Seite.

Der Platzmajor wird vom geschäftsführenden Vorstand eingesetzt und ist gemäß der Geschäftsordnung auch Vertreter des Generals, sofern dieser verhindert sein sollte.
Er geht im Umzug gemeinsam mit dem General und den Adjutanten an der Regimentsspitze.

Die Funktion des Platzmajors ist heute in vielen Bruderschaften im BHDS sowie Schützenvereinen etabliert.

Verfasst von Rolf Kater

Regiments-Spieß

Der Regimentsspieß ist die rechte Hand des Regimentskommandeurs. Der „Spieß“ ist kein Dienstgrad sondern eine Dienststellung. Als Zeichen dieser Dienststellung wird auf der rechten Schulter die goldgelbe Schnur getragen.

Er ist für die disziplinarische Ordnung zuständig und daher „Vorgesetzter mit besonderem Aufgabenbereich“ (§3 VorgV). Im Normalfall ist der „Spieß“ ein hoher „Unteroffizier mit Portepee“ meistens ein Stabsfeldwebel. Der Name „Spieß“ kommt daher, weil der Feldwebel früher den langen Offiziersdegen trug, der im Soldatenjargon auch „Spieß“ genannt wurde.

In der Befehlskette der Bruderschaft kommt er direkt nach dem Regimentskommandeur an zweiter Stelle. Deswegen ist er auch Vorgesetzter aller, auch derer die einen höheren Dienstgrad haben als er selbst. Dem zufolge steht er auch noch vor dem Platzmajor in der Befehlskette.
Der „Spieß“ wird auch „Mutter der Kompanie“, bzw. hier des Regiments, genannt. Das soll heißen, dass er seinen Soldaten ein vertrauenswürdiger Ansprechpartner und Berater, zugleich aber auch Ermahner und Zurechtweiser sein soll.
Deswegen tritt der „Spieß“ als letzter Soldat an und marschiert als letzter Soldat, um alles unter Kontrolle zu haben. Außerdem ist er der Führer des Unteroffizierskorps.
Zu seinem Aufgabenbereich gehört, zu kontrollieren, dass alle Uniformen korrekt und sauber sind. Außerdem sorgt er dafür, dass alle Schützen pünktlich antreten und dass das Königshaus und die Gäste pünktlich an ihrem Platz stehen. Erst dann meldet er dem „Regimentskommandeur“, dass das Schützenregiment steht und dann geht der „Spieß“ an seinen Platz.

Verfasser: Thomas Villmann

Schützenmusik, mit klingendem Spiel

Die Musik der Schützen geht zurück auf die Militärmusik. Sie findet sich seit der Frühzeit der Militärgeschichte. Am Anfang gibt es Instrumente, die der Signal-Gebung und Nachrichtenübermittlung dienen: Trommeln und Blasinstrumente. Aus dieser Signalmusik entwickelten sich im Mittelalter in Verbindung mit dem höfischen Zeremoniell frühe Formen der Militärmusik. Unterschiedliche Fanfarenrufe ließen erkennen, wer gerade als Besucher empfangen wurde.
Ab dem 16. Jahrhundert splittete sich die Militärmusik in zwei Hauptgruppen: Trommler und Pfeifer („Spil“) als Musiker der Fußtruppen und Trompeter und Pauker als Musiker der Kavallerie. Durch den Kontakt mit den Osmanen in den Türkenkriegen des 16. und 17. Jahrhunderts wurde das Instrumentarium erweitert (z.B. um den Schellenbaum) und der Formenreichtum (z.B. die Janitscharenmusik, die nicht nur zur Motivation der Soldaten, sondern auch zu deren Lenkung in der Schlacht eingesetzt wurde). Der Dreißigjährige Krieg brachte die militärische Marschmusik, die ein Erkennungszeichen der einzelnen Verbände wurde und in dieser Funktion auch zum Anfeuern der Soldaten im Kampf diente.
Im 19. Jahrhundert wurde die Besetzung der Musikgruppen ausgeweitet, sowie ihre Professionalisierung und die Ausweitung des Repertoires betrieben.

Paradestück der Militärmusik ist die Marschmusik, die besonders in Deutschland und Österreich ausgeprägt ist, aber auch in Großbritannien, USA und anderen Ländern gepflegt wird. Unterschieden werden Infanteriemärsche (4/4-Takt, kleine Trommeln, Pfeifen, Trompeten) und Kavalleriemärsche (6/8-Takt, Pauken, Fanfaren). Die Unterscheidung zwischen Avancier-, Defilier- und Sturmmärschen, die sich alle im Tempo unterschieden, ist heutzutage durch die Angleichung aller Tempi an eine gemeinsame Marschgeschwindigkeit überflüssig geworden.
Die Kavalleriemärsche unterstützten ursprünglich die Bewegung berittener Truppen und glichen sich deshalb dem Pferdeschritt an. Die Kavalleriemusikkorps bestanden meist aus Fanfaren und Pauken. Die Kavalleriemärsche gliedern sich in drei Tempi: Märsche im Schritt, Märsche im Trab und Märsche im Galopp. Die einzelnen berittenen Einheiten verfügen zudem über einen Präsentier- oder Aufstellungsmarsch sowie einen Traditionsmarsch, den es wiederum in den drei Tempi gibt.

Außerhalb der Marschmusik hat sich das Aufführen feierlicher, getragener Musik als Teil des militärischen und schützenfestlichen Zeremoniells erhalten, z.B. bei Gelöbnissen, beim Großen Zapfenstreich, bei Gedenkfeiern und Beisetzungen. Manche dieser Musikstücke sind religiöse Choräle aus der Zeit, in denen das Morgen- und Abendgebet von Soldaten zum regulären Dienst gehörte. Der Befehl „Helm ab zum Gebet“ beim Großen Zapfenstreich ist ein Ritualbestandteil jener Zeit.

Erhalten haben sich bei den Infanteriemärschen die Spielmannszüge als wichtiger Teil der militärischen Marschmusik. Sie bestehen aus kleinen Trommeln und Querpfeifen (Piccoloflöten), dem alten „Spil“. Sie werden rhythmisch nicht vom Dirigenten, sondern dem Tambourmajor und dem charakteristischen Tambourstab geführt. („Tambour“ bezeichnet im Französischen die Trommel, den Trommler und den Leiter eines solchen Musikzuges, dann oft Tambourmajor genannt).
Bei Paraden, Märschen und beim Großen Zapfenstreich ziehen die Spielmannszüge vielfach hinter dem marschierenden Musikkorps. Sie untermalen rhythmisch das Musikkorps und sie schlagen den „Generalmarsch“. Dies war bis in das 18. Jahrhundert ein auf der Trommel gespielter militärischer Marsch, der ursprünglich der Truppe den bevorstehenden Abmarsch signalisierte.
Seit dem 19. Jahrhundert hat der Generalmarsch eine neue Funktion: Er ist das Alarmsignal, mit dem der Truppe das sofortige Sammeln an festgelegten Sammelplätzen befohlen wird. Der von den Trommlern gespielte Marsch hilft beim Marschieren ohne „klingendes Spiel“, also während des Musikkorps schweigt, den Takt zu halten.
In Deutschland ist der Übergang vom Generalmarsch zum „klingenden Spiel“ mit dem so genannten „Lockmarsch“ (auch „Locke“) verbunden. Die Locke markiert den Übergang vom Feldschritt, bei der die kleine Trommel des Spielmannszuges die Einheit des Gleichschrittes garantiert, zum folgenden Musikstück. Die einzelnen Musiker sollen sozusagen zum nächsten Musikstück „gelockt“ werden. Die konkrete Durchführung der Locke unterscheidet sich von Land zu Land. Die „Deutsche Locke“ läuft wie folgt ab:

› Der Musikzug bewegt sich stumm im Feldschritt, begleitet von der kleinen Trommel des Spielmannszuges.
› Der Kapellmeister des Musikzuges bzw. der Tambourmajor des Spielmannszuges gibt ein Zeichen für ein nächstes Musikstück.
› Die große Trommel spielt drei laute Schläge auf die Taktzeilen 1, 2 und 3 des zweiten Taktes des Feldschrittes.
› Die kleine Trommel bzw. der gesamte Spielmannszug intoniert die eigentliche Locke. Den letzten Takt markiert die große Trommel wieder mit den bekannten freien Akzenten.
› Erst jetzt beginnt das nächste Musikstück, gespielt vom Musikzug.

Der Große Zapfenstreich hat eine eigene und besonders komplizierte Locke.

Militärischer Marschgesang dagegen kommt sowohl beim Militär als auch bei den Schützen kaum noch vor, seitdem die Truppen sich primär nicht mehr zu Fuß in Form von Märschen bewegen, sondern transportiert werden. Beim Militär spielt der Gesang nur noch in der Ausbildung eine Rolle, wenn der Rhythmus des Gleichschrittes eingeübt werden soll.

Schützen und Musik sind ein untrennbares Paar. Eine Schützenparade ohne Musik ist undenkbar. Und meist ist die Beziehung der beiden Partner keine einseitige, sondern viele Musiker sind auch begeisterte Schützen. Ihre Musik ist nicht nur Traditionspflege. In ihrer Musik drückt sich die Festfreude aus, die sich nicht in Worte fassen lässt.

Quelle: »Der Schützenbruder«, Prof. Dr. Manfred Becker-Huberti

Schützenwesen ist Kulturerbe

UNESCO würdigt integrative Kraft der Schützen

Endlich haben es die Schützen schriftlich! Ihr traditionelles Brauchtum gehört zum deutschen Kulturerbe. Das haben die Kultusministerkonferenz unter Leitung der sächsischen Kultusministerin Brunhild Kurth und die Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters bestätigt. Damit folgen sie der Empfehlung der Experten der Deutschen UNESCO-Kommission, die dem Schützenwesen eine prägende soziale und gesellschaftliche Rolle zubilligt. In der Begründung heißt es, das Schützenwesen sei vielerorts ein wichtiger, historisch gewachsener und lebendiger Teil der regionalen Identität.
So würdigt das Expertenkomitee das Schützenwesen als „Ausdruck lokal aktiver Kulturpraxis mit lebendiger Traditionspflege, die stark in örtliche Sozial- und Kulturmilieus eingebunden ist.“ Sein Vorsitzender Professor Christoph Wulf hatte sich bei einer Gesprächsrunde mit Vertretern der Kommission im Sommer in Bonn von den Protagonisten Ansgar Heveling, Bundestagsabgeordneter und Schützenbruder, und Horst Thoren, Justiziar und Vizepräsident der Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen, sowie dem EGS-Generalsekretär Peter-Olaf Hoffmann überzeugen lassen. Wulf hebt als prägend insbesondere „die Verpflichtung gegenüber sozialem Engagement und ziviler Kultur“ hervor und betont auch den „integrativen Charakter“ des Schützenwesens.

Die Schützen sind Kulturerbe-Pioniere.
Sie gehörten zu den ersten Verbänden, die den Antrag auf Aufnahme in das nationale UNESCO-Verzeichnis stellten. Die Würdigung durch die UNESCO-Kommission ist ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zur Anerkennung auch als europäisches Kulturerbe. Entsprechend stolz zeigen sich Prinz Charles-Louis de Merode, Präsident der Europäischen Gemeinschaft Historischer Schützen, und Generalsekretär Peter-Olaf Hoffmann. Die verdiente Anerkennung sei „Ausdruck der Wertschätzung für all die Schützenschwestern und Schützenbrüder, die die Traditionen des Schützenwesens in seinen vielfältigen Ausprägungen in den Bruderschaften, Gilden und Vereinen vor Ort jeden Tag leben und dazu beitragen, auch in schwierigen Zeiten ein Zeichen für Gemeinschaft zu setzen“, so Hoffmann.
Prinz de Merode sagt: „Wir sind überglücklich. Für mich als Belgier, der in Deutschland lebt, ist die lebendige, grenzüberschreitende und die Völker verbindende Tradition des Schützenwesens von herausragender Bedeutung. In den Niederlanden ist das Schützenwesen schon seit längerem als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Mit der Anerkennung nun auch in Deutschland sind wir der europäischen Anerkennung einen wichtigen Schritt näher gekommen.“

Mit der Unterstützung des Deutschen Schützenbundes und schriftlicher Empfehlung durch BHDS-Hochmeister Dr. Emanuel Prinz zu Salm-Salm und Großmeister Karl von Habsburg hatte die Europäische Gemeinschaft Historischer Schützen bereits Ende 2013 den Antrag eingebracht. Die Kultusministerkonferenz hat jetzt – nach Anerkennung durch das Land Nordrhein-Westfalen und intensiver Prüfung durch die nationale UNESCO-Kommission – seine Bestätigung ausgesprochen und sich damit, verpflichtet, zur Erhaltung dieser lebendigen Traditionen beizutragen.
Gleichzeitig kann der Schützenantrag als europäische Initiative ergänzt und weitergeleitet werden. Die Chancen dazu sind gut, hatte Professor Wulf bereits im Sommer erklärt. Die weitere Vorgehensweise soll kurzfristig mit Ansgar Heveling abgestimmt werden. Der Bundestagsabgeordnete, selbst Schützenbruder in Korschenbroich, hatte Peter-Olaf Hoffmann und Horst Thoren bei der Ausarbeitung der umfänglichen Antragsunterlagen beraten und unterstützt und wird mit seinen Kontakten auch das weitere Verfahren begleiten.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters sieht in der Anerkennung auch eine Verpflichtung, Tradition lebendig zu erhalten. Sie erklärt: „Das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass Reichtum nicht allein in Wohlstand begründet liegt, sondern insbesondere auch in der Vielfalt unserer Kultur. Wir schärfen damit das Bewusstsein für den ideellen Wert der über Generationen überlieferten Kenntnisse und Bräuche.‟

Gesellschaftliche Bedeutung bestätigt.
Horst Thoren sieht die gesellschaftliche Bedeutung des Schützenwesens durch die Würdigung bestätigt und freut sich: „Das Schützenwesen verbindet Tradition mit Lebensfreude. Unsere Bruderschaften und Vereine stehen für Heimat und Geborgenheit. Wenn jetzt die
UNESCO das Schützenwesen als Kulturerbe anerkennt, wird nicht allein Geschichte gewürdigt, sondern die gesellschaftliche Kraft des Brauchtums.“

Quelle: Der Schützenbruder 01/2016

Vogelschießen

Ein uralter Brauch der Schützengesellschaften in Nord, Mittel und Westeuropa, die Wert auf die Pflege der Tradition legen, ist das Vogelschießen. Bei diesem jährlich wiederkehrenden Schießen, das, örtlich verschieden, vom Anfang des Frühjahrs bis in den Herbst hinein veranstaltet wird, bemühen sich die Mitglieder reihum, einen hölzernen Vogel von der Spitze einer Stange herunterzuholen. Mancherorts, wie beispielsweise in der niederländischen Provinz Seeland, bedient man sich dabei heute noch der alten Schußwaffe, des Handbogens. Wer das letzte Stück des Vogels abschießt, ist Sieger und für ein Jahr lang Schützenkönig. Zum Zeichen seiner Würde trägt er um den Hals eine silberne Kette mit oft sehr alten Namensplaketten früherer Träger dieser Auszeichnung. Am unteren Ende der Kette hängt meist ein silberner Vogel zum Zeichen dessen, daß der Sieger den Vogel abgeschossen hat. Bei allen Veranstaltungen und Festlichkeiten ist er der Mittelpunkt der Gesellschaft. Auffallend jedoch ist, daß dieses Vogelschießen in früheren Zeiten fast immer „Papageienschießen“ genannt wurde und auch heute noch im niederländischen Sprachbereich vielfach „gaaischieten“ heißt. Ob im Baltikum, dem ehemaligen Deutschordensland, oder in Holstein bis hinein nach Dänemark und Schweden, ob in Nord oder Mitteldeutschland, ob in den Rheinlanden, den Niederlanden, in Belgien, Nordfrankreich, Burgund oder Savoyen bis hinein in die Schweiz, überall wird in alten Urkunden der Vogel, auf den geschossen wird, Papagei genannt. Wie ist das zu erklären?

1. Aus der Geschichte des Vogelschießens Wenn man in die Geschichte zurückblickt, so läßt sich das Schießen mit Pfeil und Bogen bis in die Altsteinzeit zurückverfolgen. Soweit wir Aufzeichnungen darüber besitzen, halten besonders die asiatischen Wandervölker als geschickte Bogenschützen. Nach allgemeiner Ansicht darf man sie auch als die Erfinder der Armbrust ansehen.‘ Ihnen wird gleichfalls die schnelle und weite Verbreitung von Pfeil und Bogen zugeschrieben, so daß diese im Vorderen Orient bereits in der Antike eine beliebte Kriegs und Jagdwaffe wurden. So alt wie diese Waffen ist sicherlich auch das Schießen mit ihnen auf Vögel. Gerade hierbei konnte man Geschicklichkeit und Treffsicherheit besonders gut unter Beweis stellen. Wir haben zahlreiche Zeugnisse darüber aus dem alten China. Erwähnt sei nur ein Bronzegefäß aus der Zeit zwischen 200 und 300 n. Chr., auf dem ein Schütze auf einen Vogel schießt. Von einem Erbprinzen der chinesischen WeiDynastie (Ende des 4. bis Anfang des 6. Jahrhunderts) wird berichtet, daß er mehrere Mandarine dadurch in Erstaunen versetzte, daß er mit seiner Armbrust einen Vogel in vollem Fluge traf. Er wurde deswegen beim alten Kaiser der Zauberei angeklagt und zum Tode verurteilt. Der Dichter Li T’aipo (701762) sagt: die Soldaten, die die Grenze bewachen, verstünden zwar nichts von Literatur, wohl aber verstünden sie es, vom Pferde aus zu jagen und dabei niemals mit ihrem Bogen das Ziel zu verfehlen. Die Zeugnisse sind jedoch mehr ein Nachweis für den frühen Gebrauch der Armbrust bei den Chinesen. Wenden wir uns wieder dem Gebrauch von Pfeil und Bogen zu, so waren wohl die nordiranischen Reitervölker der Saken, verwandt mit den Skythen, die Vermittler zum Vorderen Orient. Auf assyrischen Siegelzylindern aus der Zeit um 1000 v. Chr. kann man Schützen erkennen, die auf einen Vogel schießen. Aus Armenien ist uns ein Gürtelblech des 6. Jahrhunderts v. Chr. bekannt mit einer Darstellung, auf der ein Bogenschütze auf ein Flügelroß zielt. Die bekanntesten Beispiele des Vogelschießens in der griechischrömischen Antike sind jenes, das uns Homer in der Ilias erzählt, wo Achilles anläßlich des Todes des Patroklos ein Schießen auf eine Taube veranstaltet, die an der Spitze eines Schiffsmastes befestigt war,‘ und jenes andere, das uns Virgil erzählt, wo Aeneas zu Ehren seines toten Vaters Anchises in Drepanon (Trapani) auf Sizilien ein Vogelschießen abhält, bei dem gleichfalls eine Taube an der Spitze eines Mastes befestigt war? Es ist also nicht verwunderlich, wenn man, wenn auch später, Vogelschießen ebenfalls im germanischen Siedlungsgebiet antrifft. So wird uns von einem Vogelschießen Ende des 11. Jahrhunderts in Uppsala berichtet oder 1286 von einem solchen, das der schlesische Herzog Boleslaw von Schweidnitz veranstaltete. Daß darüber hinaus solche Vogelschießen mythische Züge tragen, ist unverkennbar und wird besonders da deutlich, wo das geflügelte Tier ein Fabelwesen ist, etwa ein Drache, ein Pferd oder ein Mensch. Ohne auf die mögliche Deutung solcher Fabelwesen einzugehen, läßt sich doch aus den obengenannten Beispielen der griechischen Heldendichtung so viel sagen, daß solche Veranstaltungen besonders bei Leichenfeierlichkeiten beliebt gewesen zu sein scheinen. Den toten Helden glaubte man durch den Abschuß der Taube, in die sich seine Seele verwandelt hatte, wieder auf die Erde unter die Lebenden herabzuholen.4 Im Alten Testament galt die Taube als Seelenvogel, mit dem, der Mensch sich selbst identifiziert. In Psalm 55, 6/7 betet ein Verfolgter: „Es überkommt mich Fürchten und Zagen, und Schaudern erfaßt mich. Ich sage: Hätte ich doch die Flügel der Taube, ich flöge auf und käme zur Ruh.“ In einem Klagelied auf die Verwüstung des Tempels vergleicht sich das Volk Israel mit einer Taube, und es bittet Gott, sein Leben nicht dem Geier (den Feinden) zum Fraß zu überlassen.‘ Es ist daher nicht verwunderlich, wenn die antike und altbiblische Vorstellung der Taube als Seelenvogel in die frühchristliche Zeit nachwirkt, so in der Sepulkralkunst oder in den Legenden, die das verklärte Sterben heiliger Personen verdeutlichen sollen, etwa der hl. Reparata, der hl. Eulalia oder der hl. Scholastika. Von letzterer erzählt Gregor I. im zweiten Buch seiner Dialogie, daß ihr Bruder Benedikt drei Tage nach seinem letzten Besuch ihre Seele in Gestalt einer Taube in den Himmel eingehen sah. Be man weiter, daß im Neuen Testament der Heilige Geist in Gestalt einer Taube erscheint,6 wodurch sie Zeichen göttlicher Inspiration der HI. Schrift und des kirchlichen Lehramts wurde, so liegt die Vermutung nahe, daß Schützen des Spätmittelalters sich scheuten, auf Tauben zu schießen, wie es in der Antike geschehen war, obwohl auch. für sie die Taube ein brauchbares und geeignetes Ziel gewesen wäre, um so mehr, als sie, die gefiederten Haustiere ausgenommen, wie keine andere Vogelart dieser Körpergröße und dieser Verbreitung in der alltäglichen Umgebung des Menschen auftaucht. Störche waren zu selten, und Spatzen und Schwalben waren als Ziel zu klein. So ist denn auch nirgendwo ein Beleg für ein Taubenschießen der Schützen zu erbringen. Trotzdem ist den Schützen zeitweilig ein Schießen auf Tauben unterstellt worden, namentlich in reformatorischer Zeit, wo man ihnen das Vogelschießen mit Bezug auf den christlichen Symbolgehalt der Taube verleiden wollte, so z. B. die Rostokker Bürger Nikolaus Gryse im 16. Jahrhundert, Christian Franz Paulini, Loccenius und J. Lauremberg im 17. Jahrhundert.‘ Auf Veranlassung geistlicher Kreise soll 1589 das Vogelschießen in Grietzyl abgeschafft worden sein, weil es aus dem Heidentum stamme und zur Verachtung des HI. Geistes beitrage, desgleichen 1569 in Zwijndrecht.. 1681 richteten Theologen an den Rat der Stadt Danzig die Bitte, das Vogelschießen als eine unnötige Sache zu verbieten, da es nachgewiesenermaßen aus dem Heidentum stamme und das Symbol der Taube, zumal nach Pfingsten geschossen werde, zu sehr an den HI. Geist erinnere. Tatsächlich wurde einige Jahre später vom Rat angeordnet, der Vogel dürfe nicht die Gestalt einer Taube haben.‘ So wie die Taube scheiden auch andere Vögel aus, die ihr an Größe oder wegen ihrer Verbreitung und ihres allgemeinen Bekanntseins gleichen. Der Gedanke liegt nahe, daß der immer wieder genannte Papagei an die Stelle einer anderen, unseren Vorfahren schon seit undenklichen Zeiten bekannten Vogelart, nämlich des Hahns, getreten sei, der wegen seiner Buntfarbigkeit Ähnlichkeit mit ihm habe. So sehr Hahnenkämpfe ein altes Brauchtum sind, so oft auch behauptet wird, in alter Zeit sei auf den Hahn, sogar auf einen lebendigen Hahn geschossen worden, so wenig läßt sich das für die Schützen nachweisen. Zudem gilt es zu bedenken, daß auch dem Hahn mythische Züge anhaften. In der Antike war er als Sonnenvogel dem Helios heilig. Deshalb verbot Pythagoras, weiße Hähne zu essen oder zu opfern. Bei den Römern war er außerdem als Symbol der Wachsamkeit dem Merkur und dem Apollo geweiht. Aus der Mythologie der Germanen, mehr noch aber der slawischen Völker, ist er neben anderen Bedeutungen als Symbol der Fruchtbarkeit, als Wetterhahn und seit dem 10. Jahrhundert auf Kirchtürmen als Rufer zum Tagewerk bekannt. Als Zielvogel der Schützen kam er also kaum in Frage. In Middelburg hören wir 1528 von einem Schießen auf die Gans, und neben dem Papageienkönig gab es dort einen König der Gans. Desgleichen wird von Gansschießen in Orange (Südfrankreich), in Amiens, bei den Rüstungsschützen in Halle an der Saale’s und einigen wenigen anderen Orten berichtet. An einigen Orten der Picardie wie in Boulogne und SaintQuentin kannte man ein Schießen auf den Falken.“ Diese und andere Vögel, die gelegentlich genannt werden, waren entweder seltene Ausnahmen oder sind nicht ausreichend belegt. Auf jeden Fall waren sie nicht die Regel. Dazu kommt noch, daß die Berichte darüber aus späterer Zeit, jedenfalls nicht aus den Anfangszeiten des Schützenwesens stammen.

2. Das Papageienschießen Wenn die einheimischen Vögel für das Schießen in den Schützengilden gemeinhin nicht in Frage kamen, zum Teil sicherlich aus überkommenen mythologischen oder abergläubischen Vorstellungen, so muß der fremdländische, exotische Papagei als Zielvogel unbedingt auffallen, denn seine Heimat und sein Verbreitungsgebiet liegen nicht in Europa, sondern hauptsächlich in den Tropen. Zwar sollen schon unter Alexander dem Großen lebende Sittiche nach Europa gekommen sein. Plinius erwähnt bereits seine Fähigkeit, Worte nachzusprechen. Seitdem wurden Papageien sogar so beliebt und Gegenstand des Luxus, daß ein sprechender Papagei oft mehr galt als ein Sklave. Aber erst zur Zeit der Kreuzzüge kamen Papageien auch nach Westeuropa. Das ist genau die gleiche Zeit, in der gleichfalls die Armbrust, mit der die Kreuzfahrer im Kampf mit den Sarazenen so unliebsame Erfahrungen gemacht hatten, ins Abendland gelangte, und ihr Gebrauch dort immer mehr aufkam. Die Neuartigkeit dieser Waffe und die Notwendigkeit, sich ihre kompliziertere Handhabung anzueignen, trugen mit dazu bei, sich in Schützengesellschaften zusammenzuschließen, wo man sich in regelmäßigen Schießübungen im Umgang mit ihr vertraut machen konnte.. Beide, Armbrust und Papagei, wurden also zur gleichen Zeit in Europa bekannt. Was lag näher, in den Schützengesellschaften für die Übungen mit der neuen Schußwaffe auch den neu importierten Vogel oder, besser gesagt, sein künstliches Ebenbild als Ziel zu wählen? Neben der Tatsache, daß alles Neuartige einen besonderen Anreiz bietet, hatte er den doppelten Vorteil, daß man damit einerseits jeder Beanstandung, der ein einheimischer Vogel aus den oben dargelegten Gründen ausgesetzt sein konnte, aus dem Wege ging, andererseits aber, daß man den Haß auf die islamischen Völker, namentlich die Sarazenen, die das Abendland bis in die Neuzeit hart bedrängten und wie ein Alpdruck belasteten, auf den Papagei übertragen konnte. Man könnte ihn fast als ein Symbol des gefürchteten orientalischen Gegners ansehen. Indem man also auf den Papagei schoß, bekämpfte man gleichsam symbolisch diesen Gegner und erledigte ihn mit der Waffe, die man bei ihm kennen gelernt und von ihm bezogen hatte. Im Papagei schoß man geradezu auf den Türken.
Eine ausdrückliche Bestätigung dieser Begründung des Papageis als Schützenvogel läßt sich aus den zeitgenössischen Quellen nicht erbringen. Wenn man trotz dieses Mangels der Frage, warum er Schützenvogel geworden ist, nicht ausweichen will, so bietet sich diese These als plausibelste Antwort an, nicht etwa weil sie bestechend ist, sondern weil sie sich lückenlos und zeitgerecht in die Vorgänge beim Entstehen der Schützengesellschaften einfügen läßt. Unvermittelt, gleichsam selbstverständlich, ist er von Anfang an ihr Zielvogel. Beide, die Armbrust, die an der Wiege der Schützenbruderschaften gestanden hat, und der Papagei als Schützenvogel haben eine gemeinsame orientalische Herkunft; beide tauchen gemeinsam während der Kreuzfahrerzeit in Westeuropa auf; beide sind seit dem Entstehen der Bruderschaften gegen Ende des 13. Jahrhunderts, wenigstens in den ersten Jahrhunderten, ein unzertrennliches Paar. Geblieben ist teilweise bis in die Gegenwart, wenigstens gebietsweise, der Papagei. Diese geschichtliche Parallelität darf jedenfalls nicht unbeachtet bleiben. Sie kann immerhin ein deutlicher Hinweis dafür sein, daß beim Entstehen der Schützenbruderschaften zwischen beiden ein Zusammenhang besteht. ‚ C. Martin Wilbur (Slavery in China during the Former HanDynasty, Chikago 1943) weist nach, daß zur Zeit der HanDynastie (206 v. Chr. — 25. n. Chr.) Sklaven — so nannten die Chinesen alle Besiegten — die Armbrust zu handhaben wußten. 2 Was 23, 850 ff. 3 Aeneis 5, 485 ff. 4 Von anderen Bedeutungen der Taube als Symbol der Liebe, weshalb sie Liebesgöttinnen wie der westsemitischen Astarte, der babylonischen Istar, der griechischen Aphrodite usw. zugeordnet wurde, oder als Symbol der Einfalt, der Unschuld, der Sanftmut usw. kann hier abgesehen werden, weil diese Bedeutungen kaum oder gar nicht in spätere Zeiten hineinreichen.

Ps 74, 19; auch der Prophet Hosea hatte Israel mit einer Taube verglichen (Hos 7, 11). 6 Mt 3,16; Mk 1, 10; Lk 3, 22. 7 Hans Germann, Der Ehrenspiegel Deutscher Schützen, Leipzig/Nürnberg 1929, S. 46. C. J. Sickesz, De Schutterijen in Nederland, Utrecht 1864, S. 41. W. Ewald, Wir Schützen, Duisburg 1938, S. 144. ‚° Germann, a. a. 0., S. 47. “ H. Stein, Archers d’autrefois; archers d’aujourd’hui, Paris 1925, S.158. Es wäre allerdings auch möglich, daß hier eine falsche Übersetzung aus dem Flämischen vorliegt; denn gaai bedeutet im Flämischen auch Eichelhäher. 12 Vgl. dazu: Th. Reintges, Ursprung und Wesen der spätmittelalterlichen Schützengilden (Rheinisches Archiv, Bd. 58), Bonn 1963; bes. S. 75 ff.